Frédéric Letzner
Frédéric Letzner – Speaker & Autor für Ernährungs & Gesundheitspsychologie
Inhaber
Wer schneller lebt, ist früher tot.Keine eindeutige Herkunft
Es ist schon erstaunlich. Mit gerade einmal 32 Jahren, wurde er 2020 zum besten GSA-Newcomer Speaker gewählt. Und das mit einem Thema, was alles andere als neu ist: Gesundheit. Als wäre dazu nicht schon alles gesagt. Denn was gesund ist, beziehungsweise krank macht, kann uns doch heute schon fast jeder Zweitklässler vortragen. Aber trotzdem, Frédéric Letzner, Markenzeichen Schiebermütze, agiert auf der Bühne liebend gerne als Speaker für provokantes Gesundheitsmanagement. Mit einem charmanten Lächeln, erklärt er uns, was wir alle längst wissen und warum wir uns trotzdem so oft und so gerne ignorant über unser eigenes Wissen hinweg setzten. Die Zielgruppe des „gelernten“ Ernährungspsychologen: Wir alle.
Frédéric, Ihre Berufsbezeichnung heute ist „Ernährungs- & Gesundheitspsychologe. Welche Entwicklung ging dem voraus und warum ist aus Ihnen kein Betriebswirt oder Banker geworden?
Frédéric Letzner:
Nun ja, unter anderen Umständen wäre ich höchstwahrscheinlich Lebensmitteltechnologe geworden – was tatsächlich genau das ist, was meine beiden Eltern studiert haben. Aus heutiger Perspektive bin ich sehr froh, dass ich im Laufe meines Studiums in den Ernährungs- und Gesundheitszweig abgebogen bin.
Aus dem Ernährungskontext habe ich mich dann in die Ernährungspsychologie und in das große Thema Gesundheit begeben, da es schon immer ein Teil meiner Geschichte war und immer meine Aufmerksamkeit bekam.
Als übergewichtiger Jugendlicher, entwickelte sich im jungen Erwachsenenalter eine Obsession für Fitness und Ernährung, was vermutlich auch der Grund für meinen Studienweg war. Heute weiß ich, dass es nicht besonders gesund war, wie ich an die Sache rangegangen bin.
Die Psychologie hinter dem Ernährungs- und Gesundheitsverhalten halte ich heute als Schlüsseldisziplin und es ist mein großes Bedürfnis darüber zu sprechen. Demnach ist, die Ernährungs-und Gesundheitspsychologie inzwischen ein großer Teil meines Lebens.
Betrachten Sie Zielstrebigkeit und Disziplin als wesentliche Eigenschaften von sich selbst und darüber hinaus auch als Grundvoraussetzung für eine dauerhafte, gesunde Lebensführung?
Frédéric Letzner:
Nein, absolut nicht. Auch ich bin längst nicht immer zielstrebig oder diszipliniert. Heute bin ich sogar sehr froh darüber.
Ich dachte lange, dass große Ziele und Disziplin wichtig für ein gesundes Leben sei. Heute bin ich sogar der Meinung, dass „zu hohe Ziele“ und „zu viel Disziplin“ Gründe für viele der ungesunden Verhaltensweisen sind, die wir immer wieder an den Tag legen.Ich bin der Meinung, dass wir auch im Gesundheitsbereich mit zu viel Druck an die Sache ran gehen. Wir glauben schöner, schlanker, schneller und besser werden zu müssen und verwechseln das Thema Gesundheit mit Selbstoptimierung.
Doch wird genau dieser Wunsch nach dem Besseren Ich zum großen Problem, da wir uns selbst stressen, uns nicht akzeptieren, keine Fehler tolerieren und im schlimmsten Falle sogar unser Wohlbefinden außer acht lassen, nur um noch ein kleines bisschen besser zu werden. Das hat dann jedoch leider nichts mehr mit Gesundheit zu tun.
Aus meiner Position heraus empfinde ich es als sehr gesund weitestgehend intuitiv zu leben, genügsam zu sein und seine Bedürfnisse wahrzunehmen und danach zu handeln. Dafür braucht es keine Disziplin, sondern ein gutes Körpergefühl und Selbstachtung.
Experten neigen oft dazu, ihr zweifellos oftmals großes Wissen, in Form von Zahlen, Daten und Fakten an ihre Mitmenschen weiterzugeben. Diese Botschaften verhallen nur zu oft wirkungslos. Sie hingegen gehen gerne über Emotionen auf Ihr Publikum oder auch Ihre Leser zu. Warum?
Frédéric Letzner:
Der Grund warum ich emotional arbeite ist, weil Menschen emotionale Wesen sind. Der Appell an die Vernunft ist nicht zielführend und der Jahrzehnte lange Versuch den Menschen immer wieder zu erklären, was sie tun oder lassen sollten, hat bis dato nicht funktioniert.
Streng genommen gibt es keinen Beleg dafür, dass die Warnung vor bestimmten Verhaltensweisen dazu führt, dass sich Menschen gesünder verhalten.
Das ist der Grund, warum ich davon überzeugt bin, dass ich als Gesundheitsfachkraft durchaus auch mal provozieren darf und den Finger in die Wunde legen kann.
Denn genau dort wird es meisten relevant.
Wenn ich möchte, dass mein Zuhörer sein eigenes Verhalten und seine Prioritäten hinterfragt, dann komme ich nicht drum herum, auch dort nachzuhaken, wo es irritiert oder weh tut.
Emotionales Arbeiten berührt und holt uns eher dort ab, wo wir uns befinden. Auch in der Psychologie ist es deutlich, dass wir uns an die Dinge besonders gut erinnern, die einen emotionalen Wert für uns haben. Da empfinde ich Zahlen, Daten und Fakten vergleichsweise als langweilig, anstrengend
und in den meisten Fällen als sinnlos.
Ein Weg, um Menschen zu erreichen, ist für Sie die Bühne. Fällt Ihnen diese Selbstdarstellung leicht und wie schwer ist diese Gratwanderung zwischen Unterhaltung, Provokation und Motivation?
Frédéric Letzner:
Schwer fällt mir die Selbstdarstellung nicht. Zum Glück muss ich sagen, dass ich einer von den Menschen bin, denen es nicht schwer fällt vor einer größeren Menschenmenge zu sprechen. Das liegt unter anderem daran, dass ich in meiner Vergangenheit schon immer gerne Musik gemacht habe und daher schon früh auf der Bühne stand. Auch auf kleineren Feiern habe ich schon früher gerne die Moderation übernommen. Mein Bruder sagte mir schon vor ca. 15 Jahren, dass ich ein echt guter Entertainer sei.
Heute muss ich sagen: Es bereitet mir einfach Spaß! Vor allem diese Gratwanderung zwischen Unterhaltung und Provokation ist für die Zuhörenden eine emotionale Achterbahn. Meine Arbeit besteht darin, mit Fingerspitzengefühl und meiner Sprache genau die Emotionen auszulösen, die ans Nachdenken bringen.
Eine Methode die ich gerne nutze, um schwierige Themen zu transportieren, ist auch der Humor. Dieser hilft sehr dabei eine positive Grundstimmung aufrecht zu erhalten und niemanden zu sehr vor den Kopf zu stoßen. Und der Moment den ich persönlich als sehr spannend empfinde, den ich versuche mit meinen Vorträgen zu erwischen, ist der, wo wir nicht wirklich wissen ob wir lachen oder weinen sollen: Der Moment der Verunsicherung, wo wir den Spielgel vorgesetzt bekommen und uns selbst ganz ehrlich die Frage stellen dürfen, was eigentlich unsere eigenen Prioritäten sind. Das liebe ich!
Wer, wie Sie, Gesundheit vermitteln möchte hat starke "Gegner": Frustessen, Nervennahrung, die Versuchungen der Werbung und der Nahrungsmittelindustrie, die menschliche Bequemlichkeit, der viel zitierte „innere Schweinehund“... Die Liste ist lang. Mit welchen „Waffen“ kämpft ein Ernährungspsychologe gegen solch eine Übermacht an?
Frédéric Letzner:
Ich sehe diese Dinge heute nicht mehr als meine Gegner an. Sie sind ein Teil unserer Umwelt und ebenso ein Teil von uns selbst. Es geht mir nicht darum mit sich selbst in den Krieg zu ziehen. Denn es ist nicht zielführend, sich selbst unter Druck zusetzen. Vielmehr geht es darum sich liebevoll zu beobachten um sich Schritt für Schritt besser kennenzulernen.
Insbesondere wenn man bedenkt, dass Gewohnheiten, Nervennahrung und der „Schweinehund“ immer auch eine sinnvolle Funktion haben. Da ist es wichtig, diese Funktionen zu erkennen und als Bedürfnisse wahrzunehmen, die ebenso gestillt werden möchten. Frustessen und Nervennahrung zum Beispiel ist nur ein Symptom. Anstatt mich selbst dafür zu verurteilen und dagegen anzukämpfen, ist der zielführendere Weg es erst einmal zu verstehen, zu akzeptieren und nach der Ursache danach zu suchen. Denn wenn der Frust aufhört, dann wird auch das Frustessen weniger werden.
Genauso ist es mit allen anderen äußeren Faktoren die unsere alltäglichen Entscheidungen beeinflussen und uns impulsiv und unbedacht handeln lassen. Sie sind ein Teil unserer Umwelt und das ist erst einmal so. Wir können uns jetzt darüber aufregen und uns in eine Opferposition begeben, oder den IST-Zustand annehmen und Verantwortung für unsere Entscheidungen übernehmen.
Am Ende liegt die Verantwortung unserer Entscheidungen bei uns. Schließlich sind wir keine Kinder mehr und es steckt uns niemand anderes das Essen mehr in den Mund oder hält uns davon ab etwas für uns zu tun. Letztendlich dürfen wir unsere Prioritäten und unsere Haltungen hinterfragen. Wieviel sind wir uns eigentlich wert?
Gesundheit geht anders, sagen Sie. Welche Rolle spielen einfachste Faktoren wie Bewegung, Sauerstoff oder auch Nahrungsergänzungsmittel für Menschen um gesund zu sein und zu bleiben?
Frédéric Letzner:
Auch ich hinterfrage hier häufig die Relevanz. Und dass Bewegung zum Beispiel wichtig ist, weiß ja jedes Kind. Ich wage aber zu bezweifeln, dass es zielführend ist immer wieder zu sagen, dass Bewegung wichtig ist.
Schließlich ist der natürliche Bewegungsdrang, den wir haben, ganz automatisch hoch, wenn wir uns wohlfühlen und unserem Körpergefühl folgen. Auch das Bedürfnis raus zu gehen, frische Luft atmen zu wollen und sich ausgewogen zu ernähren, hängt sehr stark mit unserem Körpergefühl und mit unserem Bezug zu uns selbst zu tun.
Das bedeutet für die Gesundheitsbranche:
Selbstverständlich sind Bewegung, frische Luft und eine ausreichende Nährstoffzufuhr wichtig für unser Wohlbefinden. Andererseits kann man auch aus jedem Dreck eine Religion machen. Da kann es sogar so extrem werden, dass es schon wieder krankhaft wird. Nahrungsergänzungsmittel sind ein gutes Beispiel dafür, dass wir es mit „gesund“ auch übertreiben können. Denn selbstverständlich existiert auch hier ein milliardenschwerer Markt der unser Bedürfnis nach Selbstoptimierung in unserer Leistungsgesellschaft bedient.
Da werden nicht selten sinnlose Pülverchen als Allheilmittel und Turbo-Booster angepriesen, wo ich aus meiner Expertise nur lächelnd mit dem Kopf schütteln kann.
Was sagen Sie zu der Lobbyarbeit der Pharmaindustrie, der Ärzteverbände und der Nahrungsmittelindustrie? Glauben Sie, dass sich an dauerhaft und überwiegend gesunden Menschen genauso viel Geld verdienen lässt wie an einer eher übergewichtigen, kränkelnden Bevölkerung im Schwebezustand zwischen Tod und Leben?
Frédéric Letzner:
Ich denke nicht, dass wir uns in einem Schwebezustand zwischen Leben und Tod
befinden und wir dürfen feststellen, dass wir aufgrund unserer medizinischen Versorgung und unseren Standards ziemlich zufrieden sein dürften, vor allem wenn wir uns einmal mit anderen Orten dieser Welt vergleichen.
Unsere Lebensmittelproduktion gehört zu der qualitativ fortgeschrittensten und sichersten der Welt und auch unsere Pharmaindustrie hat möglicherweise schon einige Leben gerettet.
Mir ist wichtig, dass wir diesen Institutionen keine Böswilligkeit unterstellen. Denn wenn wir so tun, als wären wir die Opfer unserer Umstände und diese großen Verbände hätten Schuld an unserem Leid – dann ist genau das der Killer für unsere Motivation.
Um etwas verändern zu wollen, muss ich erst einmal davon überzeugt sein, auch etwas verändern zu können. Solange ich aber anderen die Schuld gebe, werde ich mich und meine eigene Entscheidungsfreiheit unterschätzen und jammernd auf der Couch sitzen bleiben. Am Ende liegt die Verantwortung beim Einzelnen.
Worin bestanden für Sie die besonderen Herausforderungen während der ja noch immer andauernden, durch Corona bedingten Ausnahmesituation? Was ging, was nicht und wie haben Sie die Zeit vielleicht nutzen können?
Frédéric Letzner:
Ich glaube es inzwischen geschafft zu haben, für mich, auch die positiven Seiten dieser Krise begriffen zu haben. Am Anfang war es frustrierend. Ich durfte nicht mehr auf die Bühne, hatte keine Einnahmen mehr und hatte keine Zuversicht.
Gleichzeitig bin ich jedoch im letzten Jahr Vater geworden und hatte das große Glück die vielen ersten
Monate meiner Tochter hautnah miterleben zu dürfen. In einigen Jahren werde ich vermutlich zurückblicken und sagen, dass es das Beste war, was mir passieren konnte.
Inzwischen sehe ich die Sache daher aus unterschiedlichen Perspektiven. Bei der ganzen Unsicherheit, die auch meine Familie und mich betrifft, haben sich viele Dinge stabilisiert und normalisiert. Und während meine Tochter inzwischen die ersten Schritte geht und mit dem Sprechen beginnt, habe ich mein Business weitestgehend auf online umgebaut. Und sehne mich natürlich danach, in hoffentlich naheliegender Zeit, wieder auf einer echten Bühne stehen zu dürfen.
Sie sind nicht nur Gesundheitsberater und Speaker, sondern auch Autor des Buches „Zu blöd zum Leben“. In einem Vorwort zu diesem Buch ist zu lesen: „Letzners Buch sucht die Konfrontation mit den Tabus ...“ Was sind das für Tabus und braucht es für eine ernsthafte Umstellung des eigenen Verhaltens nicht fast schon zwingend einen ausreichend hohen Leidensdruck?
Frédéric Letzner:
Ich sage immer gerne: Es sind die unangenehmen Wahrheiten, die uns ans Grübeln bringen. Dies bedeutet nicht unbedingt, dass ich selbst einen großen Leidensdruck spüren muss.
Meiner Meinung nach recht es schon aus, sich mit den eigene Tabus auseinanderzusetzen und damit meine ich in aller erster Linie die Themen Schwäche, Krankheit und Tod.
Wenn wir uns zum Beispiel intensiv mit dem eigenen Tod auseinandersetzen und verinnerlichen, dass wir nur ein Leben haben, dann schafft es Klarheit darüber was wir wollen.
Stellen wir uns zum Beispiel vor, wir würden in wenigen Monaten sterben, so kann jeder nachvollziehen, dass sie die eigenen Prioritäten schnell verändert würden. Es läuft letztendlich darauf hinaus, dass wir uns selbst die Frage stellen dürfen, was uns wichtig ist und wie wir unsere Zeit auf dieser Welt verbringen möchten. Dabei ist es manchmal hilfreich, einen Herzinfarkt bekommen zu haben, um sich dieser Frage zu stellen.
Mir ist natürlich lieber, wenn wir es nicht erst dazu kommen lassen müssen. Hier bemerken viele meiner Zuhörer übrigens, dass sich Themen wie Philosophie und Gesundheit gar nicht so leicht voneinander trennen lassen und Gesundheit weitaus ganzheitlicher betrachten können, als es häufig getan wird.
Frédéric, welche Empfehlung können Sie all den Menschen geben, die sich ihrer eigenen Gesundheit ernsthaft widmen möchten. Wie geht man diese wichtige Aufgabe eigenverantwortlich mit den größten Aussichten auf Erfolg am besten an?
Frédéric Letzner:
Sei dir selber so viel wert, dir die Zeit für die Dinge zu nehmen, die dir wirklich, wirklich, wirklich wichtig sind. Und wenn du dir selbst nicht wert bist, für dich und für deine Bedürfnisse einzustehen, dann fang an, dich mit dir, deiner emotionalen Welt und deinen Werten auseinanderzusetzen. Gesundheit ist eine Frage der Haltung, alles andere ist meistens nur oberflächliches Geplänkel.
Zum guten Schluss: Sie sind auch ein junger Vater. Wie ebnen Sie Ihrem Kind den Weg in eine gesunde Zukunft? Was können wir alle für unsere Kinder in dieser Hinsicht tun? Und natürlich: Wie sind Ihre Pläne für die Zukunft, Herr Letzner?
Frédéric Letzner:
Ich bin davon überzeugt, dass das Beste, was ich für meine Tochter tuen kann ist: ihr zu vertrauen.
Kinder haben ein ausgezeichnetes Körpergefühl, spüren ihre Bedürfnisse und sind weitaus weniger fremdgesteuert wie Erwachsene.
Demnach werde ich nach bestem Wissen und Gewissen versuchen, meine Tochter in diesen Dingen zu bestärken und ihr ein gutes Vorbild zu sein.
Und was meine Zukunftspläne angeht so würde ich es aktuell so beschreiben: „Nachdenken, Abwarten und Tee trinken“. Ich denke, dass in der aktuellen Zeit viele kreative, neue Ideen entwickelt werden. Auch ich habe mich in den letzten Monaten in unterschiedlichen Projekten engagiert. Jetzt mal sehen, was daraus wird.
Frédéric Letzner ist Redner & Autor für Ernährungs- und Gesundheitspsychologie. Anfang 2020 wurde der Ernährungswissenschaftler vom deutschen Redner-Berufsverband zum besten Newcomer-Speaker Deutschlands gekürt. Seit einigen Jahren ist er deutschlandweit in Unternehmen und Kongressen, sowie regelmäßig als Experte in Funk und Fernsehen und schafft es das Thema Gesundheit humorvolll und unterhaltend zu vermitteln.