Andreas Weber

Andreas Weber

Value Communication AG
Vorstand


Wie soll eine moderne Wissensgesellschaft, wie soll Bildung und Kulturentwicklung ohne Print als elementare Basis funktionieren? Durch Print können wir Inhalte medial-perfekt und nachhaltig inszenieren. Mein Ziel ist es, zu zeigen, das Drucken eine Kunst ist resp. sein kann. Und dass Künstler das Medium Print entscheidend voranbringen.Andreas Weber

Wie groß die wechselseitige Beeinflussung von Kunst und Print ist, konnte bereits Prof. Wilhelm Weber als führender Experte für künstlerische Druckgrafik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts belegen. Ein Blick in die Gegenwart zeigt allerdings, dass die Zeiten, in denen Künstler durch Print noch neue Kunstformen entstehen lassen, beinahe vorbei sind. Dies muss und darf nicht so bleiben, sagten sich im Sommer 2014 Andreas Weber, Sohn von Prof. Wilhelm Weber, die Künstlerin Dr. Ying Lin-Sill und Prof. Yu Hiu, Deputy Director The National Palace Museum, Beijing. Sie wurden zu den Initiatoren eines weltweit einmaligen Projektes. Der Name ihrer Idee: „Surprise. The Art of Print!“. Der Leitgedanke des Projektes: Bildende Künstler liefern die hochwertigsten und wirkungsstärksten Inhalte für Print. Und Print liefert die besten Wirkungsmöglichkeiten, um Künstler und ihre Kunst in Szene zu setzen. Jetzt wird das Projekt konkret.

Herr Weber, Print im Wandel ist sicherlich noch eine moderate Formulierung. Wo steht Print heute tatsächlich?

Andreas Weber:

Die hohe Bedeutung von Print bleibt. Unverrückbar. Die Einstellung der Print-Branche zu dem was sie tut, hat sich gewandelt. Und das nicht zum Guten, die Branche ist seit Jahren schwer angeschlagen und taumelt.

Das ist selbst verschuldet. Aus drei wesentlichen Gründen: Erstens: Durch die Gier nach Geld und Effizienz, hat man die Effekte, die Print erzielen kann, überhaupt nicht mehr vernünftig thematisiert. Zweitens: Die Industrialisierung der Printherstellung hat Print beliebig gemacht und zielt fast nur noch auf die Vervielfältigung von Daten, statt auf die Inszenierung von Inhalten.

Drittens: Der durch das Internet wie auch durch Firmen wie Google, Facebook, Apple und Co. provozierte, irreversible Strukturbruch in der Kommunikation wurde und wird ignoriert bzw. völlig falsch eingeschätzt.

Die Kunst des Druckens. Wie war das im 19. Jahrhundert und welche Rolle spielten damals die Künstler?

Andreas Weber:

Es hat nach Gutenberg hunderte Jahre gedauert, bis die Druckkunst innoviert wurde. Alois Senefelder, ein Quereinsteiger, da Theaterstück-Autor, hat um das Jahr 1800 mit dem Chemischen Druck eine Trendwende herbeigeführt, in dem er Text wie auch Bild in einer Druckform vereinte, die rasend schnell, äußerst flexibel erstellt und auf höchstem Qualitätsniveau genutzt werden konnte.

Die Abbildungsqualität war herausragend, so dass sich sogleich die besten Künstler dafür interessierten. Delacroix, Géricault, Daumier, später Manet und Toulouse-Lautrec sowie Picasso im 20. Jahrhundert, um nur einige zu nennen, waren es, die den Chemischen Druck, auch Steindruck genannt, populär gemacht haben.

Kunst war ab da besser zu verbreiten und auch kostengünstiger zu erwerben, etwa im Vergleich zu Gemälden. Steindrucke verfügen zudem — anders als heutige Drucksachen — über einen Unikat-Charakter.

Die Industrialisierung durch den Offsetdruck, leitetet auch gleichzeitig die Degeneration der Druckkultur ein. Wie kommen Sie zu solch einer harten Formulierung?

Andreas Weber:

Der Offsetdruck, erst ab den 1960er Jahren praktikabel, wurde als Kompromiss geschaffen und genutzt, um der wachsenden Anzahl an Drucksachen mit immer höheren Auflagen gerecht zu werden. Mehr. Schneller. Billiger.

Er bedeutete aber einen Rückschritt bei der Qualität. Dies versuchte man in den letzten 20 Jahren zwar zu kompensieren. Aber die Offsetdrucktechnik ist im Farbraum limitiert und darum längst durch digitale Druckverfahren qualitativ übertrumpft. Gegenüber den alten Techniken, insbesondere dem Steindruck, ist man aber nach wie vor im Hintertreffen.

Zudem förderte der Offsetdruck und die damit verbundene Effizienz bei der Drucksachenherstellung die Beliebigkeit der Inhalte. Es kann heute so billig und zügig wie nie etwas gedruckt werden, etwas, was zumeist vom Empfänger sofort weggeworfen wird. Masse statt Klasse führt zur Degeneration. Und zum Verlust des eigenen Selbstverständnisses, das sich aus der traditionsreichen Druckerzunft ableitet!

Sie glauben an eine Trendwende für Print und dies auch im digitalen Zeitalter. Was ist für eine kulturelle Neubewertung von Print nötig?

Andreas Weber:

Eine Trendwende ist dann zu schaffen, wenn die Inhalte wieder mit mehr Sorgfalt ausgewählt und aufbereitet werden. Das hat weniger mit schönem Design zu tun, als mit einem anderen Anspruch an die Konzeption und Relevanz von Inhalten.

Dies zeigt sich, wenn man mit jungen Leuten redet. Die schätzen gute Drucksachen durchaus hoch ein, wollen aber kaum etwas, was alle haben. Individualität zählt. Bei Print genauso wie bei Social Media. Entscheidend ist zudem das sog. „Involvement“, um die Empfänger und Leser einzubeziehen.

Fotobücher und viele spannende Spezialdrucksachen wie Tapeten, Spielkartensets, Kalender oder individualisierte Verpackungen, zeigen den Weg.

Mit „The Art of Print“ beschreiten Sie Neuland. Welche neuen Wege und Möglichkeiten möchten Sie eröffnen?

Andreas Weber:

Das Leitmotiv lautet: „Etwas Altes wird etwas Neues!“ Aus „Alter“ Zeit wissen wir, dass durch die Kunst das Neue in die Welt kommt. Es fing mit den Höhlenmalereien an, zieht sich durch über Künstler als Erfinder (wie Leonardo). Künstler waren Universalgenies, in der Bildenden Kunst genauso wie in der Literatur oder Architektur.

Mein Ausstellungskonzept knüpft daran an. Und zeigt, wie man sich als Künstler in die druckgrafischen Techniken einlebt und verliebt, um einzigartige Effekte und Wirkungsmechanismen für Bildwelten zu schaffen. Das beste Beispiel ist der Maler und Grafiker Christian Kruck, jahrzehntelang Dozent an der Städelschule in Frankfurt am Main.

Er hat per Chemischem Druck einzigartige Steindruckmalereien erschaffen, die in ihrer Wirkung fulminant und mit Gemälden auf Augenhöhe sind. Kruck, leider vor fast 30 Jahren viel zu früh verstorben, ist heute fast vergessen. Völlig zu unrecht. Insofern heben wir da einen versunkenen Schatz.

Woher kommt das Interesse von chinesischen Kunst-Experten an Ihrem Projekt? Welche Vision haben Ihre Partner?

Andreas Weber:

Wir hatten dank der Malerei und Kunstwissenschaftlerin Dr. Ying Lin-Sill in den letzten zwei Jahren bei mir in der Gutenberg-Stadt Mainz hunderte Gäste aus China zu Besuch. Alle waren überwältigt und atmeten mit Lust und Begeisterung den Geist Gutenbergs ein, der nach wie vor lebendig ist, wenn man es richtig zu erklären und zu zeigen weiss.

Daraus entstanden viele tief gehende Gespräche und Veranstaltungen in Mainz, die lehrreich für beide Seiten waren. Chinesen schöpfen aus ihrer reichen und langen Kultur, letztlich wurde das Papier und auch das Drucken dort erfunden; und chinesische Künstler haben ein besonderes Verhältnis zu Werkstoffen und Materialien.

Die traditionelle chinesische Malerei hat die Kalligrafie als Ursprung: Durch das Schreiben mit der Hand lernt man das Malen. Insofern bewundern Chinesen Talente wie den jüngst verstorbenen Prof. Hermann Zapf, der Schriften in Vollendung entworfen und unzählige Kalligrafien und Buchpublikationen geschaffen hat. Zapf hat wie kaum ein anderer unsere Druckkultur weiterentwickelt und geprägt, wie das weltweite Echo und die Trauer nach seinem Tod in Erinnerung rufen.

Zugleich fehlt den heutigen Chinesen aus unterschiedlichsten (auch politisch-historischen) Gründen der Anschluss an die Druckkunst. Diese Lücke soll geschlossen werden, vor allem da die moderne chinesische Kunst und auch Kunstausbildung verstärkt auf die digitale Welt ausgerichtet wird. Kunst wird aber per Computer und Tablet virtualisiert und kann sich nicht mehr manifestieren. Das muss aber nicht so sein.

Kunst soll wirkungsvoll in Szene gesetzt werden. Wie reagieren die Künstler auf „The Art of Print“? Welche Resonanz haben Sie aus dieser Richtung bisher bekommen?

Andreas Weber:

Gute Projekte sind stets Teil eines iterativen Prozesses. So konnte ich meine Ideen sehr frühzeitig mit dutzenden Künstlern, Kunstexperten und Kunstliebhabern aus unterschiedlichen Kulturkreisen besprechen. Und bei uns in Mainz auch Beispiele aus meiner Kunstsammlung zeigen.

Vielen war dabei gar nicht bewusst, welch breites Spektrum die grafische Kunst abdecken kann. Und auf welch hohem Niveau sich diese Arbeiten bewegen. Zudem haben wir in meinem Value Lab mit modernsten Möglichkeiten bereits Drucksachen für Künstler entwickelt, die helfen, deren Person, Arbeit und Werke zeitgemäß kommunizieren zu können. [Siehe die Video-Dokumentationen zum Projekt „InSightOut — Dietmar Gross — Malerei“].

Die meisten Künstler haben in der Eigenkommunikation Defizite bzw. sind mit den ihnen bekannten Möglichkeiten nicht zufrieden, gerade wenn es um die Reproduktionsqualität ihrer Werke geht. Daher erhalte ich durchweg Unterstützung, da wir das volle Spektrum abdecken: Bildende Künstler liefern die hochwertigsten und wirkungsstärksten Inhalte für Print. Und Print liefert die besten Wirkungsmöglichkeiten, um Künstler und ihre Kunst in Szene zu setzen.

Welche Impulse möchten Sie (auch) der deutschen Druckindustrie vermitteln? Welches Umdenken möchten Sie anregen?

Andreas Weber:

Print kann seine Vorzüge wieder ausspielen, wenn man die Technologie-Anwendungsentwicklung und die Bildende Kunst zusammenbringt. Insofern schöpfen wir aus den traditionellen Techniken wie auch aus den neuesten.

Hier kommt vor allem dem Inkjet-Druck eine Schlüsselrolle zu, mit dessen Hilfe wir einen Teil der Exponate in Szene setzen werden, indem eine Gruppe ausgewählter chinesischer Künstler Inhalte liefert, die wir im HP Experience Center in Barcelona produzieren werden. Dies wird sicher im Vorfeld der Leitmesse drupa 2016 in Düsseldorf höchste Aufmerksamkeit erzeugen.

I need your support and help. Mit diesen Worten, werben Sie auf „Indiegogo“ um finanzielle Unterstützung für Ihr Projekt. Der Zielbetrag sind 60.000 US $. Wofür wird dieses Geld benötigt?

Andreas Weber:

Das Projekt ist als Non-Profit-Projekt angelegt. Es müssen aber viele Leistungen erbracht werden, die Geld kosten. Die Vorbereitung der Exponate (Rahmung etc.), das Ausstellungsdesign, der Transport, der sehr teuer ist, die umfangreiche, mehrsprachige Kommunikationsarbeit inklusive Dokumentation.

Dazu kommen Reise- und Sachkosten. Die Exponate selbst stehen kostenfrei aus meiner eigenen Sammlung zur Verfügung. Das von mir initiierte Online-Fundraising hat zudem den Vorteil, dass ich viele Menschen einbeziehen kann. Jeder kann beitragen. Und wird auf Wunsch namentlich als ein „The Art of Print-Heroe“ genannt.

Dabei sein

Jeder kann mitmachen — und The Art-of-Print-Heroe werden!

Für das Non-Profit-Projekt „Surprise. The Art of Print“ ist finanzielle Unterstützung willkommen für das Ausstellungsdesign, die notwendige Kommunikationsarbeit und die Logistik. Zuwendungen bitte per Indiegogo.

Unterstützen auch Sie dieses Projekt

„The Art of Print-Projekt“ beinhaltet ein sehr großes und persönliches Engagement von Ihnen. Was treibt Sie an? Wie formulieren Sie Ihr Ziel?

Andreas Weber:

Ich fühle mich der reichen Tradition eines Gutenberg, Senefelder oder Zapf und der Innovationskraft durch die „Druck-Kunst“ verpflichtet. Ohne Kompromisse. Man muss stets das Beste anstreben, um das Gute zu erreichen.

Von der branchenüblichen Ignoranz und Beliebigkeit im Umgang mit Print distanziere ich mich nachdrücklich. Das schadet und ist unnötig. Wie soll eine moderne Wissensgesellschaft, wie soll Bildung und Kulturentwicklung ohne Print als elementare Basis funktionieren?

Durch Print können wir Inhalte medial-perfekt und nachhaltig inszenieren. Mein Ziel ist es, zu zeigen, das Drucken eine Kunst ist resp. sein kann. Und dass Künstler das Medium Print entscheidend voranbringen.

Mainz als Gutenberg-Stadt — mit seiner unverrückbaren Bedeutung als Zentrum unserer Kommunikationskultur — ist der perfekte Ausgangsort, um diese Botschaft durch die Ausstellungsaktivitäten in die Welt zu tragen. Wie es der Titel betont: „Surprise. The Art of Print!“

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg für Ihr Projekt Herr Weber!